Der Grundriss des Hauptgeschosses variiert die Raumstruktur eines Peripteros, eines antiken Tempeltyps mit umlaufenden frei stehenden Säulen und erweiterten Vorräumen an den Schmal- oder Giebelseiten vor dem Hauptraum, der Cella, der hier dem Einbau für den Theaterbetrieb entspricht mit den typischen an den Stirnseiten vorspringenden Längswänden, die Bühnenportale in der Rolle der Cellatore.
Auf einem Modellfoto im Hintergrund Teil einer Tempelruine.
Die konstruktive Struktur, die außerhalb des Innenraumes Lasten über frei sichtbare Bauglieder ableitet und dies zu einem wesentlichen Gestaltungselement macht, geht auf die Gotik zurück. Dort leiten Strebebögen die Druck- und Zugkräfte aus dem Gewölbe des Mittelschiffs über die Seitenschiffe hinweg auf weitgehend freistehende Pfeiler.
Der Grundriss ‚antik‘, der Aufriss ‚gotisch‘:
„Aber Antike und Gotik zu einem harmonischen Ganzen zu verschmelzen, ist, wie wenn man Feuer und Wasser zu einer höheren Einheit verbinden wollte! – so gab denn Schinkel schließlich jene unnatürliche Verbindung auch wieder auf…“
soweit das von Dr. Friedrich Haack beschriebene Problem in: „Die Kunst des XIX. Jahrhunderts“ (Esslingen 1918, S. 85)
So gesehen wäre der Theaterentwurf in der wieder aufgenommen eklektizistischen Tradition des frühen 19. Jahrhunderts die Lösung eines Problems, das Schinkel hinterlassen hatte. Wie das verstanden werden kann zeigt eine transparente Montage der Haupteingangsseite des Theaters mit der Säulenhalle vor Schinkels Alten Museum in Berlin: Die Stahlkonstruktion könnte die die tragende Funktion der klassischen Säulen übernehmen, außerhalb der Halle, auf ‚gotische‘ Art, hier natürlich eine wirkliche Barbarei. Aber es zeigt die enge Verbindung von Bautechnik und möglicher Raumstruktur.
Zur senkrechten Fassadengliederung: Vorgesetzte Stahlprofile gesimsfrei durchlaufend ohne Sockel und oberen Abschluss in Form von Gesims oder Architrav: Ähnliches kennt die eher konservative „Backsteingotik“ der 1920-er Jahre, z.B. Adolf Abel, Messehof Köln 1929, Paul Bonatz, Stummkonzern Düsseldorf 1922,
Das Zuschauersegment des „Großen Hauses“ lässt sich mit dem Pythagoreischen Dreieck 36‑77‑85 umschreiben. Mit diesem Dreieck in praktisch gleicher Größe wurde der Innenraum der Hagia Sophia, Istanbul, proportioniert und die Himmelsrichtung der Gesamtanlage ausgerichtet.
→ vgl. Hagia Sophia, HS 7. Grundriss genordet
Das Theater entstand 1953, dem 200. Todesjahr von Balthasar Neumann: ein Dialog mit zweien seiner großen Werke , der Klosterkirche Neresheim, genauer ihrer Planung, und der Würzburger Residenz.
Der hohen Sockelzone der Kirche entspricht das Erdgeschoss des Theaters. Die innere Hallenhöhe reicht vom Sockel bis Oberkante Hauptgesims, Säulenhöhe = 2/3 Hallenhöhe.
Deckenkonstruktion und Tragwerk liegen im Bereich der Gewölbezone, das Tragwerk selber, also der Bereich, wo die Lasten auch durch auch schräg liegende Bauglieder horizontal umgeleitet werden, hat die gleiche Höhenlage wie die Rundungen der Gewölbe, die oberhalb des Hauptgesimses erst senkrecht ansetzen bevor sie die Vertikale verlassen.
Vorplatz und Foyer der Theaters nehmen die Fläche des Ehrenhofs ein.
Tor und Wachhäuser des 1820 abgebrochenen Ehrenhofgitters liegen im Bereich von Eingang und Kasse.
Der Bühne entspricht der ‚Weiße Saal‘ im Hauptgeschoss, der Vorbühne der Balkon über dem Hauptportal.
→ DAS MANNHEIMER THEATER IM WERK MIES VAN DER ROHE‘S