Was man dem berühmten alten Mann an Symmetrien und Harmonien nachzusehen hatte war mit seinem klassizistischen Hintergrund erklärt und entschuldigt. Der Oberfläche seines glänzenden Alterswerkes war nicht anzumerken, oder es blieb, am Wort vorbei, direkter architektonisch-künstlerischer Wahrnehmung vorbehalten, wie er die sich erneuernde, alles lästig Alte abschüttelnde Architektur nach 1910 in eine Tradition überführte, gegen die sie ursprünglich angegangen war. Den mehr oder weniger radikalen Bruch hatten damals allerdings Architekten in die Wege geleitet, die noch in dieser Tradition standen, ihre hohen ästhetischen Ansprüche nicht aufgaben sondern sie zeitgemäß moduliert oft noch ins Missionarische steigerten; ganz anders ihre Nachfolger, die auf Talent, Augenmaß und Meinungen gestellt glaubten weiterhin rückhaltlos erneuern zu müssen oder einfach aus dem Weg räumten, was der zweite Weltkrieg übrig gelassen hatte. In diese „Nacht von Unbildung und Erinnerungslosigkeit“, so die Diagnose von Thomas Mann 1955, kam das Alterswerk von Mies van der Rohe. Wie 40 Jahre zuvor die Architektur von Frank Lloyd Wright kam es aus den USA. Ob es dort noch im Exil oder angekommen mit entsprechendem Migrationshintergrund seinen Anfang genommen hatte sei dahingestellt. Jedenfalls fand es seinen Höhepunkt in Mannheim, mit einem Werk, das neu bis zur Grenze des damals Zumutbaren, doch die Regeln und Konventionen historischer Stadtplanung kennt und ihre Brauchbarkeit beweist. Die unbestreitbar rechthaberischen Züge der Architektur Mies van der Rohes, die es oft schwer machen, zwischen seinen persönlichen Stil, der „Physiognomie des Geistes“ und diesem selbst und seiner Gültigkeit zu unterscheiden, bereiten bei diesem Werk kein Problem. Es steht da, bewusst zeitgebunden, als Modell bepreist und ganz schnell abgeschoben, inzwischen selbst so alt wie sein Verfasser als es entstand.